Wer glaubt, dass die mittelalterlichen Kreuzzüge vorbei seien, wird in Olching des Besseren belehrt. Hier führt die CSU mit ihrem politischen Heerführer Tomas Bauer einen Kreuzzug gegen den Teufel in Gestalt einer Wohnungsbaugenossenschaft. Laut seinem Frontbericht, Zwischenstand genannt, soll nun zum letzten Schlag ausgeholt werden. Dieser Teufel muss restlos vom „Großen Berg“ vertrieben werden.
Damit die an sich nüchterne Abwägung, ob und zu welchen Bedingungen einer von Olchinger Bewohnern neu gegründeten Wohnungsbaugenossenschaft für den Bau von 55 Wohnungen, darunter 28 öffentlich geförderten, sowie einer KiTa ein städtisches Grundstück überlassen oder von der Stadt selbst gebaut werden soll, nicht unbemerkt bleibt, wird diese Sache mit dem Impetus der Aufdeckung einer skandalösen Verschwörung von „reichen Bürgern“ und Teilen des Stadtrates an die Öffentlichkeit gezerrt und nur so mit Halb- und Unwahrheiten um sich geschossen, so dass die interessierte Öffentlichkeit völlig vernebelt wird.
Und nun zur Sache:
Es gab bis zum 5.10.2017 keine Entscheidung für die Genossenschaft. Es gab ein Angebot, das auf der Grundlage einer mit der Regierung von Oberbayern vorläufig abgestimmten Bewilligungsmiete von 11 €/Quadratmeter kalkuliert wurde. Über dieses Angebot wurde erstmals im Hauptausschuss am 22.6.2017 – wie es sich für Grundstücks- und Vertragsangelegenheiten gehört – nichtöffentlich diskutiert. Gleichzeitig wurde bekannt, dass die Stadt mit Hilfe eines im Januar 2016 vom Freistaat Bayern neu aufgelegten Förderprogramm auch selbst bauen kann. Der Hauptausschuss beauftragte die Verwaltung, diese Möglichkeit vertieft zu prüfen. Die Entscheidung wurde auf die Sitzung des Hauptausschusses Ende September verschoben.
Ohne diese Prüfung oder gar Verhandlungen mit der Wohnungsbaugenossenschaft abzuwarten, hat die CSU im August ihre öffentlichen Attacken geritten.
Dazu muss man wissen, dass Wohnungsbaugenossenschaften nach dem Bayerischen Wohnungsbauförderungsgesetz als ebenfalls förderwürdig angesehen werden, um die Mietentwicklung einzudämmen und Mieten stabil zu halten. Denn eine Genossenschaft ist kein Immobilienfonds, der nur den Ertrag im Auge hat, sondern begründet ein kollektives Eigentum an den Gebäuden und die Chance für ihre Mitglieder, eine Wohnung zu einem bezahlbaren Preis zu nutzen. Das Grundstück bleibt im Eigentum der Stadt. Beim Heimfall (Beendigung des Vertrages) kann die Stadt das Gebäude in ihr Eigentum übernehmen. Die Konditionen dafür sind zu vereinbaren.
Wenn bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung beider Projekte dieselben nach den Förderrichtlinien geltenden Kriterien angelegt werden, ergeben sich letztlich gleiche Miethöhen, die übrigens bei der Genossenschaft von der Regierung von Oberbayern bewilligt werden müssen.
Letztendlich kann und soll sich der Stadtrat zwischen zwei Möglichkeiten der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum entscheiden. Der Wille, dass dabei die Idee der Wohnungsbaugenossenschaft auch in Olching wieder aufleben soll, wie in München schon länger mit Unterstützung der Stadt praktiziert, ist ein legitimes Ziel einer aktivierenden Wohnungspolitik. Es gibt keinen Grund, diese Möglichkeit zu verteufeln und/oder mit Verschwörungstheorien zu verunglimpfen. Die von Dr. Bauer vermeintlich aufgedeckten Ungeheuerlichkeiten im Angebot, die keine sind, hätten also besprochen, sowie das Angebot gemäß den Interessen der Stadt in den Vertragsverhandlungen abgeändert werden können. Denn ein Vertrag wird nicht einseitig diktiert, sondern ausgehandelt und muss beiden Seiten und dem gemeinsam verfolgten Vertragszweck gerecht werden.
Am 5.10. wurde schließlich beschlossen, dass die Stadt die KiTA und einen Teil der Wohnungen selbst baut und einen Teil des Grundstückes der Genossenschaft überlässt. Der Vertrag steht noch aus und soll bis Ende November vorliegen. Was soll daran verwerflich sein? Es sei denn, man betreibt einen Kreuzzug gegen die Wohnungsbaugenossenschaft an sich.
Ewald Zachmann
FWO-Fraktionssprecher