Podiumsdiskussion der Freien Wähler mit drei Landtagskandidaten

Susann Enders

„Fachkräftemangel in der Regierung“

Scharfe Kritik an den Regierungen in Berlin und München hagelte es auf einer Podiumsdiskussion der Freien Wähler in Ottobrunn. Die eingeladenen Landtagskandidaten Florian Streibl, Susann Enders und Hans Friedl stellten dabei ihre Lösungsansätze in den Bereichen Innere Sicherheit, Pflegenotstand und Gesundheitspolitik, Umweltschutz, Verkehrs- und Strukturpolitik vor. Die Veranstaltung moderierte der stellvertretende Landrat von München Land, Otto Bußjäger.

Drei Charaktere, ein Ziel: Der Bezirksvorsitzende der Freien Wähler, MdL Florian Streibl, seine Stellvertreterin Susann Enders und der Fürstenfeldbrucker Kreisvorsitzende Hans Friedl diskutierten in Ottobrunn vor zahlreichen Bürgern aktuelle Fragen der Landespolitik. Dazu hatte sie die Bürgervereinigung von Ottobrunn eingeladen. Alle drei Landtagskandidaten machten dabei deutlich, dass sie für deutliche Korrekturen der Politik der Großen Koalition in Berlin und der bisherigen CSU-Alleinregierung in Bayern kämpfen.
Anschließend stellten sich die drei Kandidaten den Fragen der Bürger, die aus verschiedenen Landkreisen Oberbayerns, darunter aus Alling und Olching, angereist waren.
„Politik braucht Mut“, sagte Florian Streibl, dessen Ehefrau aus Ottobrunn stammt. Es sei, so Streibl, „keineswegs selbstverständlich, in einer Demokratie zu leben“. Erst die Demokratie habe den Wohlstand in Bayern ermöglicht. Streibl bedauerte, dass sich immer mehr Menschen von Politik abwenden. Er rief zu einer toleranten, menschlichen Politik nach dem bayerischen Lebensmotto „Leben und Leben lassen“ auf. „Die Bundes- und Landespolitik beschäftigt sich viel zu sehr mit sich selber, zu wenig mit den Menschen und Problemen der Menschen im Land.“ Streibl beklagte das „Auseinanderklaffen“ der Erfolgsmeldungen der bayerischen CSU-Alleinregierung und der Wirklichkeit. Als Beispiel nannte Streibl die vielen fehlenden Stellen im Sicherheitsbereich infolge der jahrelangen, aus Sicht der Freien Wähler „übertriebenen“ Sparpolitik. „DIe Polizei leistet Millionen Überstunden“, beklagte der Rechtsanwalt und Landtagsabgeordnete. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Landtagsfraktion der Freien Wähler zählte dem Erfolge in der Bildungspolitik wie die Abschaffung der Studiengebühren, die Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium („G9“) oder die Abschaffung der Straßenbeitragssatzung („Strabs“) gegenüber: „Die CSU behauptet: Wir bewegen Bayern. Wir Freie Wähler sagen: Wir sorgen dafür, dass sich die CSU bewegt!“
Ins selbe Horn stieß Susann Enders: „Wir brauchen einen Kurswechsel in der Gesundheitspolitik, angefangenen beim realitätsfernen Finanzierungssystem. Es stammt aus Australien, die Australier waren nur so schlau, es selbst nicht einzuführen.“ Seit der sogenannten „Gesundheitsreform“ von Horst Seehofer finde ein Strukturwandel zulasten der Gesundheit der Bevölkerung statt. „Ein Krankenhaus, das Gewinn erwirtschaftet, hat seinen Zweck verfehlt.“ Besonders empörte die Kreisvorsitzende des Sozialverbandes VdK Oberland eine Aussage von Bundesgesundheitspolitiker Jens Spahn, 38, seit 2002 Bundestagsabgeordneter. Dieser hatte längere Arbeitszeiten von Teilzeitkräften zur Linderung des Pflegenotstands gefordert. „Der Mann hat keine Ahnung von der Wirklichkeit. Kein einziger Pfleger geht heute pünktlich aus der Arbeit! In 22 Jahren Tätigkeit als OP-Schwester in der Unfallklinik Murnau erlebe ich die ständige Zunahme an Arbeitsaufwand und die Abnahme an Personal.“ Das Gesundheitswesen und die Pflege müsse sich wieder an den Bedürfnissen der Menschen ausrichten. „In der Pflege brauchen wir Menschen, die von ihrem Einkommen leben können. Wer hier arbeitet, muss für die Menschen da sein können, muss ihre Sprache verstehen!“. Enders: „Den größten Fachkräftemangel haben wir in der Regierung.“
Als volksnahen Fachmann mit 28jähriger Erfahrung in der Kommunalpolitik empfahl sich auch der aus Alling stammende Unternehmer und Nebenerwerbslandwirt Hans Friedl. Friedl hat sich durch sein Engagement gegen die „Strabs“ einen Namen gemacht und versprach, weiterhin „sozial, liberal und notfalls unbequem“ im Interesse der Bürger zu handeln. Ausführlich ging Hans Friedl auf den Spritzmitteleinsatz in der Landwirtschaft ein, dessen Einsatz zur Unzeit und im Übermaß er geißelte. Friedl: „Das Problem ist, dass Spritzmittel zu billig geworden sind. Glyphosat muss langfristig vom Markt genommen werden, wir brauchen in Bayern langfristig eine komplett ökologische Landwirtschaft.“ Aus seiner Sicht seien „Ökonomie und Ökologie kein Widerspruch“. Viele kleine Maßnahmen, die auch in Ottobrunn möglich seien, würden einen entscheidenden Unterschied machen. So habe er selbst schon seit vielen Jahren angefangen, Wiesen vor dem Mähen länger stehen zu lassen. „Mähroboter sind mir ein Gräuel“, sagte Hans Friedl. Gerade in der Politik sei wieder „Handeln statt Reden“ angesagt. Auf Nachfrage des Moderators, Otto Bußjäger, erzählte der Allinger, dass er mittlerweise 6,5 Hektar Blumenwiesen für Bienen reserviert habe. Hans Friedl betonte, dass „Flächen nicht vermehrbar“ seien und deshalb der Flächenfraß durch Nachverdichtung einzudämmen sei.
Alle drei Kandidaten versprachen, sich für kleinere Klassenzimmer, mehr Lehrer, eine Entlastung der Kommunen von finanziellen Belastungen durch staatliche Aufgaben und die Stärkung demokratischer Elemente einzusetzen. Sie wollen durch eine ausgewogenere Strukturpolitik den Siedlungsdruck auf den Großraum München vermindern und fordern „neue Verkehrskonzepte“, insbesondere den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs über Ringverbindungen der S-Bahn-Linien und die Ertüchtigung des Schienennetzes.

 
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